Wenn ich an Nagano denke, denke ich an die Schweiz. Außer, dass es hier heiße Quellen gibt und der Ort nach Schwefel riecht. Ich hatte noch nie in meinem Leben an Schwefel riechen müssen (vielleicht war ich in Chemie wohl krank an dem Tag). Aber dieser Geruch roch für mich nach Ei, aber wirklich unangenehm. Dafür ist die Landschaft viel schöner. Man fährt mit dem Auto in diese Region und läuft dann den Weg zu Fuß zu den Häusern, welche in den Felsen liegen.
Faszinierend, wie dieser Strom den Weg zu den berühmten Schneeaffen und dem Dorf trennt. Das Wasser ist tiefblau und hinterlässt in der Luft Dämpfe.
Zu dieser Zeit war es gerade Januar und es war zum Glück weniger verschneit, sonst hätten wir einen sehr beschwerlichen Weg zu den Affen gehabt. Es begrüßt einen ein Tor, daraufhin erklimmt man die ersten Treppen in ein Waldgebiet hinein. Alte, steinerne Treppen mit Pfützen und Eis übersät. Zum Glück kann man sich an einem Geländer festhalten, sonst würde man den Weg nicht mal zum richtigen Eingang schaffen.
Wir sind hierher etwa eine halbe Stunde auf festgestapften Schnee hergelaufen. Ich hatte an dem Tag ganz normale Wanderschuhe angezogen und gehofft, dass ich nich stürzen würde. Der Weg war mittelmäßig breit, aber das Schild hat einen dann erstmal gewarnt, dass es gefährlich werden würde. "Gefährlich," dachte Ich, "Dann muss ich erst recht hingehen."
Nach dem Dorf ist der Weg aber nur noch die Steigung hinauf und man betritt ein Häuschen, indem die Eintrittskarten für den Park kassiert werden.
Wir gehen aus dem Häuschen raus und sehen in eine Schneelandschaft, welche von Hügeln umzingelt und azurblauen Pools (Onsen) verziert ist. Die Menschen stehen wie Traubenformationen an verschiedenen Orten und betrachten die Affen von ganz nah. Den Affen ist es egal, dass die Menschen hier sind, aber sie möchten auch keinen Kontakt zu den Menschen haben.
Sie toben, springen rum raufen sich und schreien.
Ich versuche ein Foto von einem Affen zu machen und schaffe es nicht, da er sich immer mit dem Gesicht wegdreht. Als ob er ein Problem damit hätte, fotografiert zu werden. Schon schräg. Im Zoo sind Tiere eher passiv.
Ich beschließe weiter zu gehen zu den Heißen Quellen und versuche dort mein Glück. Total albern komme ich mir vor mit meiner kleinen Spiegelreflex zwischen diesen riesen Teleobjektiven. Stehst du neben diesen professionellen Fotografen ragt ihr Objetiv dir immer ins Bild. Wahnsinnig nervig, als ob es hier was umsonst gäbe, jeder geiert nach dem besten Foto. Ich vermisse die Höflichkeit, in der man sich auch um den anderen kümmert, ob man denn seine Sicht behindern würde. Aber ich bin hier unter Touristen, also muss ich mich wohl anpassen und es weiter versuchen.
Wir beschließen, es von der Seite zu probieren, ohne den dafür fest vorgesehenen Platz zum Affen fotografieren. Ich liebe es, den Affen dabei zuzuschauen, wie sie sich gegenseitig ärgern, rumtollen, so frei sind und es nur darum geht zu Leben. Ihnen sind die Menschen egal, die Kameras jucken sie kein bisschen und halten sie nicht davon ab, ihrem Toben nachzugehen.
Ich schaue zu, wie der Dampf den Himmel aufsteigt und nehme die Atmosphäre, die dieser Ort ausstrahlt mit dem ganzen Körper auf. Ich liebe es hier und ich finde es gut, dass ich im Winter gekommen bin. Zwar kann ich den Geruch von dem Schwefel immer noch nicht ausstehen. Aber es ist als ob ich einen Blick in eine Tierwelt werfen durfte, die mir sonst verschlossen geblieben wäre. Ich bin eins mit der Welt und die Welt ist eins mit mir. Keine Arbeit, keine Klausur, kein Druck, keine Erwartungen, niemand der mir sagt, was ich zu tun habe oder welche Rolle ich als Mensch nachgehen soll. Einfach hier sein, fühlen und betrachten. Dieses Gefühl nehme ich mit zurück nach Deutschland. Es soll mich begleiten durch den Tag, einfach runterzukommen. Ich habe ihn gefunden, den Moment der Ruhe, in Japan, an den heißen Quellen.
Auf einmal kommt ein Mann der aussieht wie ein Zoowärter und holt aus einer verschlossenen Kiste Futter. Er pfeift und verstreut das Futter. Auf dem Rücken seiner Weste steht "Mitarbeiter". Ich hätte jetzt nicht erwartet, dass er die Affen füttern würde. Ich denke darüber nach, was vorhin auf den Schildern auf dem Weg zum Monkey Park stand. Dass die Bedingungen hier in den Schneebergen sehr hart für die Affen sind und die Quellen für sie eine kleine Oase sind. Das gilt wohl auch für das Futter. Komisch finde ich es schon.
Wir schließen den Abend damit ab, in ein Onsen zu gehen und es ist mein erstes Mal in einem traditionellen Onsen. Es erinnert an eine Therme aber ohne den ganzen Kitsch und diese wahnsinnig hässlichen Liegestühle. Der Boden des Bades ist aus Natursteinen. Das Wasser ist einfach 32°. Wir gehen nach Außen ins Becken und ich schaue in den Sternenhimmel während der Dampf in den Abendhimmel zieht.
Wenn du Lust hast auf ein bisschen Wandern, Wald, Abenteuer dann ist der Snow Monkey Park für dich geeignet. Du solltest am besten mit dem Auto kommen oder du buchst dir über eine Reiseagentur eine Fahrt dorthin. Da gibt es natürlich auch Übernachtungsmöglichkeiten, falls du einen weiteren Weg zurücklegst oder dort bleiben möchtest. Rundherum ist Nagano als Skigebiet sehr bekannt. Dort sind auch viele Ski-Schulen, wo du dein Wissen aufbauen oder erweitern kannst.
Im Winter zu kommen lohnt sich trotz des beschwerlicheren Weges auf jeden Fall.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen